Interview: drei Fragen an Dorothea Behrmann

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Dorothea Behrmann ist Paartherapeutin und Expertin für gute Trennungen. Sie hat den Ratgeber „Die 7 Phasen des Loslassens” geschrieben. 

In unserem ausführlichen Podcast-Gespräch, das am 07. April 2023 (Karfreitag) erscheinen wird, tauschen wir uns u.a. aus über typische Ängste, die Menschen vor einer Trennung haben, und wie sie damit umgehen können.

Zum Thema Trennung und Trauer stelle ich Dorothea Behrmann hier vorab drei Fragen.

Frage 1

Warum fällt es uns meistens so schwer, eine Entscheidung bzgl. “Gehen oder Bleiben” zu treffen?

Fast jeder, der vorhat, eine vertraute Beziehung zu beenden, quält sich mit der Entscheidung, ob es der richtige Weg ist, oder ob die Beziehung noch eine Chance hat. Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die wir im Leben zu treffen haben, denn wir wissen, dass wir unsere*n Partner*in dabei verletzen. Wir Menschen sind auf Bindung und Zusammenbleiben angelegt und nicht auf Trennung, denn Beziehungen bieten uns Stabilität und Sicherheit, gerade in unruhigen Zeiten. Beziehungen regulieren und beruhigen uns, auch wenn es vielleicht schon viele Konflikte und Streitereien in der Partnerschaft gibt. Zudem kommen diverse Ängste, da wir beispielsweise nicht wissen, wie der*die Partner*in auf die Trennung reagiert, oder auch die Angst vorm Alleinsein, die Angst vor den finanziellen Belastungen, die Angst, den Freundeskreis zu verlieren, etc. Bei einer Trennung sind meistens viele Menschen involviert, das macht die Entscheidungsfindung so schwierig und komplex.

Frage 2

Welche Aspekte kommen hinzu, wenn Kinder involviert sind?

Obwohl Trennungen heutzutage der Normalität angehören, ist eine Trennung mit Kindern immer noch anspruchsvoller, als ohne. Viele haben den Glaubenssatz, dass mit einer Trennung die „heile Familie“ zerstört und die Kinder traumatisiert werden. Dabei wird oft vergessen, wie schädlich es für die Bindungsfähigkeit der Kinder ist, wenn sie erleben, dass die Eltern lieblos miteinander umgehen, sich oft streiten oder sich mit Missachtung  und Respektlosigkeit begegnen. Kinder spüren ganz genau, wenn ihre Eltern unglücklich sind und denken dabei oft, dass es an ihnen liegt. Deswegen ist eine gute, respektvolle Trennung, bei der die Kinder ihr Familiengefühl erhalten, besser als ein krampfhaftes Zusammensein, um den Schein zu wahren.

Kinder spüren ganz genau, wenn ihre Eltern unglücklich sind und denken dabei oft, dass es an ihnen liegt.

Dorothea Behrmann

Frage 3

Welche Fragen kann sich ein Elternteil stellen, um zu mehr Klarheit zu finden?

Ich kann mich fragen, wie ich mich mit der anderen Person die meiste Zeit fühle, wenn wir in einem Raum sind: Bin ich entspannt, oder bin ich unruhig, angespannt oder nervös? Der Körper kann uns hierfür wertvolle Antworten geben, die der Verstand noch nicht kennt. Ich kann mich auch fragen, ob der*die andere noch mein „Lieblingsmensch ist“ ist, ob ich ihm/ihr als erstes erzählen möchte, wenn mich etwas besonders beschäftigt, ob ich mich freue, wenn er/sie nach Hause kommt, oder ob ich noch gut neben ihm/ihr schlafen kann. Die wichtigste und vielleicht einfachste Frage ist jedoch: Fühle ich mich wohl mit dem/der anderen, fühle ich mich gesehen, geliebt und wertgeschätzt und kann ich genauso sein wie ich bin und kann ich meine*n Partner*in genauso lassen, wie er/sie ist.

Die wichtigste und vielleicht einfachste Frage ist jedoch: Fühle ich mich wohl mit dem/der anderen, fühle ich mich gesehen, geliebt und wertgeschätzt und kann ich genauso sein wie ich bin und kann ich meine*n Partner*in genauso lassen, wie er/sie ist.

Dorothea Behrmann

Familienangehörige oder Freunde würde ich nicht fragen, was ich tun soll, sondern sie vielmehr bitten, mir einfach zuzuhören und zu trösten, wenn es mir nicht gut geht in der Zeit der Entscheidungsfindung. Unser engster Kreis hat oft eigene Trennungserfahrungen und auch Verlustängste und kann daher nicht objektiv sein, obwohl sie uns gut kennen. Wenn ich gar nicht weiterkomme, dann kann ich mir Hilfe bei eine*m Coach*in suchen, die/der hilft, meine Gedanken und Ängste zu sortieren. Ich habe dazu ein spezielles „Klärungsmodul“ entwickelt, indem ich mit meinen Klient*innen in drei Sitzungen herausfinde, was sich stimmig und richtig anfühlt.