Weihnachts-Interview: Wie kommen Familien gut durch die ersten Weihnachten nach der Trennung? drei Fragen an Ute Steffens

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Die ersten Weihnachtstage nach einer Trennung können für Eltern eine große Herausforderung sein. Viele verbinden mit dem Familienfest schöne gemeinsame Erinnerungen und haben lieb gewonnene Traditionen, die nicht mehr zur neuen Familiensituation passen wollen. Was Eltern beachten können, um Kindern dennoch schöne Feiertage zu bereiten und selbst gut durch die Zeit zu kommen, bespreche ich kurz hier und ausführlicher in meinem Podcast mit Ute Steffens; Autorin des therapeutischen Lesebuchs “Mit Kindern durch die Trennung”

Frage 1

Liebe Frau Steffens, Weihnachten steht vor der Türe und einigen frisch getrennten Eltern graut es regelrecht davor: vor der Vorstellung gemeinsam mit dem Ex-Partner bzw. der Ex-Partnerin zu feiern aber auch umgekehrt davor, alleine zu sein, während die Kinder beim anderen Elternteil, ggf. noch mit dessen neuen Partner bzw. deren neuen Partnerin schöne Feiertage verbringen. Beides erscheint schwierig und dennoch muss irgendwann entschieden werden, welcher Weg gegangen wird. Welche Anhaltspunkte haben Sie? Wann ist es Ihrer Einschätzung und Erfahrung nach sinnvoll, Weihnachten gemeinsam mit den Kindern zu feiern, und wann lieber getrennt? Welche Mischmodelle kann es ggf. noch geben?

Kinder haben ganz feine Antennen – gerade für die emotionale Situation und Verfassung ihrer Eltern. Sind die Spannungen zwischen den Eltern groß, weil die Trennung noch nicht verarbeitet ist, fühlt sich eine oder einer gar als im Stich gelassenes Opfer, dann ist es sicher keine gute Idee, Weihnachten zusammen zu feiern. Eltern sollten sich selbst prüfen, sollten ihre Gefühle reflektieren. „Wie geht´s mir im Moment, wenn ich an ein Zusammentreffen mit meinem Ex-Partner, meine Ex-Partnerin denke?“ Beobachten Sie Ihre Atmung, lenken Sie die Aufmerksamkeit zu Ihren Schultern, denn hier spüren Sie die Anspannung im Körper ganz deutlich. Und diese Anspannung nehmen auch Ihre Kinder wahr. Kinder beziehen Missstimmungen und Konflikte ihrer Eltern auf sich, sie fühlen sich leicht verantwortlich und glauben, sie müssten dafür sorgen, dass es allen gut geht. Die wahrhaft stimmige Antwort auf diese Frage lautet: Wenn beide Seiten die Trennung verarbeitet haben, dann steht einem gemeinsamen Weihnachtsfest nichts im Wege. Viele Trennungseltern teilen daher die Weihnachtstage untereinander auf. Das ist sicher für Kinder eine gute Lösung. Sie wissen ja, dass die Eltern sich getrennt haben, so ist dieses Modell aus Kindersicht nur folgerichtig.

Frage 2

Wenn Eltern beschließen, Weihnachten gemeinsam mit den Kindern zu feiern, was kann vorab besprochen und währenddessen beachtet werden, um es so angenehm wie möglich zu gestalten?

Auch, wenn meine Antwort vielleicht enttäuschend ist: Wenn sich Trennungseltern über Regeln verständigen können, dann sind sie in ihrem Prozess ein gutes Stück vorangekommen. Dann können sie auch Weihnachten zusammen verbringen. Warum sollten strittige Eltern an Weihnachten glücken, was ihnen sonst nicht gelingt?  Und andere Menschen, Freunde und Freundinnen oder Verwandte, würde ich dann doch lieber einladen, wenn die Kinder beim Ex-Partner, bei der Ex-Partnerin sind. Dann tue ich mir etwas Gutes und verhindere Trauer und Einsamkeit.

Frage 3

Wenn Eltern entschließen, die Feiertage aufzuteilen oder jedes Jahr abwechselnd mit den Kindern getrennt voneinander zu feiern, wie kommt man gut durch die Tage mit den Kindern, ohne den Ex-Partner bzw. die Ex-Partnerin. Was tun, wenn die Kinder Fragen stellen, wo der andere Elternteil ist, was tun, wenn man Angst hat, alleine zu sein, wenn die Kinder beim anderen Elternteil sind? 

Der erste Tipp – gerade für Eltern mit kleinen Kindern – lautet: Versuchen Sie Weihnachten mal als einen Tag mit 24 Stunden zu betrachten. Manchmal hilft es, wenn die Traurigkeit übermächtig zu werden droht, sich für eine Stunde eine Eieruhr zu stellen. Eine Stunde ist ein überschaubarer Zeitraum, das kann man aushalten. Auf meinem Blog habe ich dazu ein Gedicht veröffentlicht, „Gestern – Heute – Morgen“, das hat vielen Eltern geholfen. Gut ist es, die Trauer auch wahrzunehmen. Am besten zu verkraften ist das in Bewegung. Gehen Sie spazieren – am besten in der Natur. Die Stadt, das Dorf mit ihren erleuchteten Fenstern ist natürlich keine gute Idee. Sie können natürlich, wie bereits erwähnt, Freunde zum Essen einladen, Ihrerseits einen Besuch planen, Ihr Lieblingsessen kochen und einen Lieblingsfilm gucken, eingemummelt auf dem Sofa mit einer Wärmflasche. Alles, was gut tut, ist eine gute Idee. Häufig habe ich gehört, dass gerade Mütter an diesen Tagen Ordnung schaffen. Eine Rumpelschublade aufzuräumen und alles wegzusortieren ist immer eine gute Idee! Wichtig ist, dass Eltern diese unangenehmen Gefühle als die eigenen wahrnehmen. Wenn wir dann unsere Vernunft ansprechen und die Situation in unserer Elternrolle bewerten, dann ist sehr schnell klar, dass Kinder nicht dazu da sind, unsere Lücken zu stopfen und unsere Wunden zu heilen.

Herzlichen Dank für diese Antworten Frau Steffens!

Das ausführliche Gespräch gibt es auf meinem Podcast.