Interview: drei Fragen an Christine Wagner von Familyship

Veröffentlicht am

Diese Woche, am 23. Februar 2023 um 14 Uhr, startet bei Familyship meine kostenfreien online Sprechstunde für Mediation und Konflikt-Coaching.

Christine Wagner ist eine der beiden Berlinerinnen, die 2011 Familyship gegründet haben. Zum Angebot von Familyship und zu Konflikten bei Co-Elternschaft habe ich ihr pünktlich zum Start meiner Sprechstunde drei Fragen gestellt; und hier nun ihre Antworten.

Frage 1

Was genau bietet Familyship an? 

Familyship entstand spontan und ohne große Planung, aus schlichter Selbsthilfe heraus. Meine damalige Partnerin und ich hatten einen Kinderwunsch und wir suchten nach einem schwulen Mann, der gern mit uns zusammen Eltern werden wollte. Die Suche im analogen Leben verlief langwierig und frustran, der Blick in die digitale Welt war ernüchternd. Es gab zwar Angebote, die aber waren von fragwürdiger Motivation und wir haben uns dort nicht wohlgefühlt. So entstand die erste Version von Familyship innerhalb von vier Wochen. Zugegeben recht dilettantisch, aber erfolgreich. Den Vater meiner Tochter habe ich dort binnen weniger Wochen kennengelernt.

Frage 2

Wenn es bei Co-Eltern zu Konflikten kommt, worum geht es dann meistens?

In jeder guten Familie gibt es Konflikte. Manche sind typisch für eine bestimmte Familienkonstellation, manche hängen dann doch mehr mit den Persönlichkeiten zusammen, die in dieser Konstellation leben. Für die Co-Elternschaft gibt es ein paar Aspekte, die ich beachten würde, wenn ich noch einmal eine solche Familienkonstellation anstreben würde. Der Idealismus und die Hoffnungen, die bei einer Familienplanung entstehen, sind großartig, sollten aber nicht davor blind machen, was unbedingt zu klären ist: Wer kümmert sich wann wieviel um das Kind. Und zwar von Tag eins an. Manch aktiver Vater würde gern schon mit seinem Baby verreisen, manch einer findet, dass der Bindungsaufbau erst nach einem Jahr sinnvoll ist. Hier lohnt sich auch mal ein Blick in die Bindungstheorie zu werfen und sich darauf zu einigen, dass, neben aller Theorie, Kinder unterschiedlich sind, Entwicklungsphasen durchlaufen und alleinstehende Frauen, gerade im Wochenbett, ein bisschen Hilfe gebrauchen können. Dass also Flexibilität beider Seiten gefragt ist. Zum anderen ist dieser Punkt vulnerabel, weil niemand das Gefühl haben sollte überlastet zu sein und andererseits nicht das Gefühl, dass ihm oder ihr vom anderen Elternteil das eigene Kind weggenommen. Diese Nähe-Distanz-Fragen kommen in einer Co-Elternschaft immer wieder auf, auch wenn die Kinder älter sind. Hierfür würde ich empfehlen, sofern man nicht ein sehr geübter und allseits flexibler Kompromissfinder ist, sich durch professionelle Mediator:innen begleiten zu lassen. Generell halte ich es für ratsam, in einer solchen Familienkonstellation Unstimmigkeiten nicht unter dem Kochtopfdeckel schmoren zu lassen, bis es zu einer Explosion mit gegenseitigen emotionalen Verletzungen kommt, sondern grundsätzlich frühzeitig zu kommunizieren und eine gute Gesprächsebene zu etablieren.

Frage 3

Welche Unterschiede macht es bei Meinungsverschiedenheiten, dass die „romantische Paarebene“ wegfällt?

Ich glaube, dies führt einerseits zur Entlastung, da die Co-Elternschaft auf einer entspannteren Basis fußt. Die Konfliktfähigkeit kann bei Menschen, die sich weniger nahestehen, aber u.U. auch weniger gut ausgeprägt sein, sodass eher ein fachmännischer Blick von außen hilfreich wird. Eine Mediation halte ich für fast alle Co-Elternschaften für empfehlenswert. Mitunter gehen auch die neuen Paarbeziehungen, die das Co-Elternteil eingeht, nicht immer spurlos an der Elternschaft vorbei. Auch hier gibt es Lebensphasen, in denen man sich näher ist und andere, in denen man sich fremder miteinander fühlt. Trotzdem ist das Familie und ein starkes Band, aber vor Enttäuschungen ist man auch in einer Co-Elternschaft nicht gefeit. Dort wo Menschen sind, gibt es nunmal Ecken und Kanten und Gesprächsbedarf.

Website Familyship

Artikel zur online Sprechstunde Mediation und Konflikt-Coaching