Während unserer Sommerpause im August stellen wir an dieser Stelle Romane vor, die sich erzählerisch mit familiären Themen befassen.
Unser zweiter Buchtipp ist weit entfernt von leichter Unterhaltung – ein dünnes Buch von kaum mehr als 100 Seiten, doch bedrückend und schwer verdaulich – gerade deshalb so enorm wichtig und uneingeschränkt empfehlenswert.
Der französische Schriftsteller Christophe Léon beschreibt in „Väterland“ aus der Sicht der jugendlichen Gabrielle, was passieren kann, wenn infolge regressiver Politik sogenannte „nicht-traditionelle Familien“ stigmatisiert werden.
Gabrielle stammt aus Somalien und wurde als Baby von George und Phil adoptiert, einem homosexuellen, seit 15 Jahren verheirateten Paar. Beide sind Künstler und leben ein privilegiertes Leben in einem schönen Stadtteil von Paris.
Das ändert sich, als ein Gesetz erlassen wird, dass sie zu Ausgestoßenen macht. Ihren Berufen als Künstler dürfen George und Phil nicht mehr nachgehen und ihre Kunst wird verboten. Mit einer großen letzten Ausstellung „HOMMOTS“ feiern sie die Liebe in allen Facetten, anschließend werden sie gezwungen, ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen.
Homosexuelle müssen von nun an als Kennzeichnung eine rosa Raute tragen, dürfen nicht mehr ihren bisherigen Beruf ausüben und werden in ein Ghetto am Stadtrand umgesiedelt, in ein „Auffangzentrum zur familären Prophylaxe“. George und Phil gehen mit der neuen Lebenssituation sehr unterschiedlich um, der eine resignierter und angepasstere, der andere rebellischer und wütender. Gabrielle versteht viele der Veränderungen zunächst nicht, merkt wie sehr ihre Väter darunter leiden, und versucht mit der neuen Situation umzugehen.
Ohne Passierscheine dürfen die Ghetto-Bewohner die Innenstadt von Paris nicht mehr bereisen. Doch George und Phil begeben sich in Gefahr, als sie ohne Erlaubnis in die Innenstadt von Paris fahren, um ein Geschenk zu Gabrielles 13. Geburtstag zu kaufen.
Als die beiden Väter von ihrem Ausflug nicht zurückkehren, wird Gabrielle von zwei Personen abgeholt, wobei unklar ist, wohin es geht.
Christophe Léon beschreibt in »Väterland« eine zutiefst beängstigende politische Phase der Intoleranz, Gewalt und Angst. Er wurde 1959 in Algier geboren, hat zahlreiche Jugendromane, Theaterstücke und Vorlagen für Filme geschrieben und lebt heute in der Dordogne.
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Väterland
Christophe Léon
mixtvision Mediengesellschaft 2017
ISBN-10 : 3958540953
ISBN-13 : 978-3958540958