Mein langjähriger Kollege und Co-Autor Thomas Matthäus besuchte mich Ende April im Podcast. Er ist Erzieher, Supervisor, Autor und Coach. Nachdem er viele Jahre selbst als Umgangsbegleiter gearbeitet hat, ist er zwischenzeitlich vor allem als Supervisor tätig für Menschen, die im Begleiteten Umgang und insgesamt in der aufsuchenden Familienhilfe arbeiten.
Gemeinsam haben wir zwei Ratgeber zum Thema Umgang geschrieben: Guter Umgang für Eltern und Kinder und Umgang im Wechselmodell, die beide bei C.H. Beck im dtv Verlag erschienen sind.
Im Podcast sprechen wir darüber, wann begleiteter oder kontrollierter Umgang sinnvoll und angebracht sein können. Sowie darüber, was getrennte Elternteile tun können, wenn sie sich eine Begleitung des Umgangs wünschen bzw. wenn begleiteter oder kontrollierter Umgang vom anderen Elternteil beantragt wurde, sie aber lieber unbegleitet Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten. Und Thomas Matthäus erzählt uns, wie er als Umgangsbegleiter praktisch vorgeht, wie er mit Eltern und Kindern in guten Kontakt kommt und wie er alle Familienmitglieder dabei so unterstützt, dass der begleitete Umgang gewinnbringend gestaltet werden und sich nach gewisser Zeit verselbständigen kann.
Ergänzend stellen wir ihm hier drei schnelle Fragen zu Begleiteten Umgang – das ausführliche Gespräch kann im Podcast Archiv gehört werden.
Frage 1
Was ist Begleiteter Umgang? Was genau macht ein Umgangsbegleiter?
Begleiteter Umgang ist eine durch das Jugendamt eingesetzte und finanzierte Hilfemaßnahme für getrennte Eltern, die sich nicht selbstständig auf eine Umgangsregelung nach der Trennung einigen können. Auch Familiengerichte können einen Begleiteten Umgang vorschlagen oder anordnen. Diese Unterstützung ist immer dann sinnvoll, wenn es den Eltern temporär nicht möglich ist, selbst eine gute Regelung für ihre Kinder zu finden und sie bereit sind, sich von Fachleuten helfen zu lassen. Gesetzlich sind getrennte Eltern zum Umgang mit ihren Kindern berechtigt und sogar verpflichtet – diese Maßnahme des Jugendamtes dient also der Umsetzung dessen, was das Gesetz vorschreibt. Minimale Anforderung an die Eltern ist die Bereitschaft zur konstruktiven Mitarbeit mit dem definierten Ziel, so schnell wie möglich wieder selbstständig Umgänge zu organisieren. Der Begleitete Umgang ist somit immer Hilfe zur Selbsthilfe und in der Regel auf 6 Monate begrenzt, mit der Option auf Verlängerung im Einzelfall.
Minimale Anforderung an die Eltern ist die Bereitschaft zur konstruktiven Mitarbeit mit dem definierten Ziel, so schnell wie möglich wieder selbstständig Umgänge zu organisieren.
Thomas Matthäus
Nach der Klärung der Modalitäten im Jugendamt, bei der die Verantwortlichen des Jugendamtes, die den Einzelfall betreuen, die Eltern, ggf. – je nach Alter-die Kinder und die Umgangsbegleiter teilnehmen, liegt es in der Verantwortung der Umgangsbegleiter, Einzelgespräche mit den Eltern, Umgangstermine für Kind und umgangssuchenden Elternteil sowie perspektivisch gemeinsame Elterngespräche zu organisieren.
Frage 2
Was kann ein Elternteil tun, der keinen freien Zugang zu seinen Kindern hat und nun im Begleiteten Umgang eine neue Möglichkeit sieht? Was kann ein Elternteil umgekehrt tun, der einfach nur seine Kinder sehen möchte, dies aber nicht gestattet bekommt und stattdessen nur das Angebot auf Begleiteten bzw. Kontrollierten Umgang erhält?
Um einen Begleiteten Umgang zu beantragen, muss der umgangssuchende Elternteil in das Jugendamt gehen und dort einen Antrag auf Begleiteten Umgang stellen. Dieser Antrag muss schließlich von beiden Elternteilen unterschrieben werden und dient als Basis für die folgende Hilfekonferenz im Jugendamt, in der ein Hilfeplan erstellt wird, der im Detail den Prozess der Hilfemaßnahme regelt. Sollte sich ein Elternteil weigern, sich dieser Hilfemaßnahme zu fügen, bestünde der nächste Schritt des umgangssuchenden Elternteils darin, sich an das Familiengericht zu wenden mit dem Antrag auf (Begleiteten) Umgang.
Frage 3
Die Situation im Begleiteten Umgang und erst recht im Kontrollierten Umgang ist ja zunächst eher unnatürlich und nicht wirklich entspannt. Da sieht man seine eigenen Kinder, möglicherweise nach längerer Zeit wieder, in ungewohnten Räumen und gemeinsam mit fremdem Menschen, den Umgangsbegleiter:innen. Was kann der umgangsuchende Elternteil tun, um die Zeit mit den Kindern bestmöglichst zu gestalten? Wie kann er die Situation gegenüber den Kindern ansprechen? Oder gar nicht ansprechen? Welche Tipps würdest du Eltern geben wollen, umgangsuchenden aber auch hauptbetreuende?
Um die unnatürliche Situation im Rahmen eines Begleiteten Umgangs zu entspannen, sind an erster Stelle die Umgangsbegleiter gefordert. Sie lernen die Eltern und das Kind kennen; die Eltern in Einzelgesprächen, das Kind mit dem umgangsgewährenden Elternteil. Das Kind lernt dabei die Räumlichkeiten des Trägers der Jugendhilfe kennen, für den die Umgangsbegleiter tätig sind. Je nach Alter und Verfassung des Kindes können und sollen auch mehrere Termine stattfinden, damit das Kind sich an die Umgangsbegleiter und die Räume gewöhnen und möglichst frei spielen kann. Der umgangssuchende Elternteil wird von den Profis beraten, wie er das Kind am besten vorbereiten kann. Ein wesentlicher Grundsatz dabei ist: Es wird nicht schlecht über den abwesenden Elternteil gesprochen. Das Kind soll ausgeschlafen und vom umgangsgewährenden Elternteil wohlwollend begleitet zum Termin gebracht werden. Mit dem umgangssuchenden Elternteil wird ausführlich besprochen, wie es dem Kind (vor allem beim ersten Mal) gegenübertreten soll. Eventuell bringt der Umgangssuchende Elternteil Spielzeug mit, welches das Kind mag bzw. welches ihm vertraut ist. Oder-nach Absprache- etwas zu trinken und zu essen. Für das Ansprechen bestimmter heikler Themen gilt folgender Grundsatz: Alles, was das Kind fragt, darf ehrlich-mit Blick auf das Alter des Kindes in angemessener Form- beantwortet werden. Ansonsten soll weniger gesprochen, mehr gespielt werden. Sollte der umgangssuchende Elternteil etwas mit dem Kind besprechen wollen, wird dieses Anliegen vorab mit den Umgangsbegleitern besprochen und entschieden, ob und auf welche Weise etwas thematisiert werden soll. Ein wesentlicher Parameter für diesbezügliche Entscheidungen ist das Alter des Kindes. Die beste Vorbereitung für einen Umgangstermin ist, sich selbst zu entspannen, auf den Umgang zu freuen und den Umgangsbegleitern zu vertrauen, die „Notfall“ intervenieren, wenn dies nötig wird. Deshalb ist die Vorbereitung der Umgangskontakte so wichtig- und nimmt dementsprechend Zeit in Anspruch.
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