Buchbesprechung: „fifty-fifty Eltern“ von Marie Zeisler und Isabel Robles Salgado

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Die beiden Bloggerinnen von Little Years zeigen in ihrem ersten Ratgeber, wie gleichberechtigte Elternschaft gelingen kann.

Und wann.

Anders als ich in meinen Büchern setzen die beiden nicht erst bei Krisen und Trennungen an, sondern schon sehr viel früher, bevor die Kinder da sind, bereits wenn Paare darüber nachdenken, gemeinsame Kinder zu bekommen. Sie erläutern detailliert und praxisnah, wie Paare schon frühzeitig vorbereiten können, dass sie gemeinsam und gleichberechtigt Eltern ihrer Kinder werden. Wie der oft vorhandene Wunsch nach Gleichberechtigung in eine tatsächlich faire Aufgabenverteilung im Alltag umgesetzt werden kann.

Umgekehrt zeigt das Beispiel von Marie, dass es für gleichberechtigte Elternschaft nie zu spät sein muss; diese vielmehr auch dann noch etabliert werden kann, nachdem über längere Zeit hinweg der Hauptteil der Care Arbeit von einem Elternteil erledigt wurde.

Sehr beeindruckend und einleuchtend finde ich die Erläuterungen, warum Beziehungen auseinander driften, und weshalb Familien mit gleichberechtigten Eltern häufig glücklicher sind. Das Buch hilft Mütter, raus aus der „Mama ist für alles da“-Falle zu gelangen, und ermutigt Väter, ein gleichberechtigter Elternteil zu sein bzw. zu werden. Typische Fallstricke, häufige Denkfehler und verbreitete Vorurteile werden offengelegt und ersetzt durch konstruktive und mutmachende Ansätze, spannende Denkanstöße sowie konkret aufgezeigte Möglichkeiten samt lebensnaher Alltagstipps.

Schön und wichtig finde ich, dass es den Autorinnen bei Gleichberechtigung nicht „nur“ um die Verteilung von Familienaufgaben und Betreuungszeiten geht, sondern an zahlreichen Stellen auch um „Mental Load“, also all die unsichtbaren Planungs- und Koordinierungsprozesse, die in vielen Familien bei einem Elternteil liegen, der den Überblick hat und die Hauptverantwortung trägt, selbst wenn die Aufgaben dann von beiden übernommen werden.

In einem gesonderten Kapitel widmet sich der Ratgeber der Zeit nach der Trennung, wo gleichberechtigte Elternschaft aus Gründen der Kontinuität naheliegend ist, wenn Familien diese auch schon vorher lebten. Doch sie kann auch neu etabliert werden, zum Beispiel, weil sich die berufliche Situation bei einem Elternteil durch die Trennung veränderte. Mir gefällt, dass deutlich wird, dass die Familie auch über die Trennung hinaus erhalten bleiben kann, wenn die Eltern sich als Team verstehen, gemeinsam Verantwortung übernehmen und das Wohl der Kinder im Blick behalten. Hier geht es auch um Vertrauen, Loslassen und Respekt, und ganz praktisch um mögliche Umgangsmodelle als Fundament der Familie unter zwei Dächern. Zu diesem Kapitel durfte ich einen Beitrag zu den Regelungspunkten einer Umgangsvereinbarung leisten, die gleichberechtigter Verantwortung und Betreuung getrennter Eltern Raum bietet und dem neuen Alltag der Familie gerecht wird.

Mir gefällt sehr gut, dass der Ratgeber durchweg positiv, aufmunternd, humorvoll und zugleich sehr lebensnah, konkret und ehrlich geschrieben ist. Die beiden wissen offenkundig, wovon sie schreiben, sie teilen auf mutmachende Weise ihrer beider Familien- und Paargeschichten mit uns und lassen in klugen Interviews andere Paare ihren Weg zur gleichberechtigten Elternschaft erzählen. Die Interview veranschaulichen den Alltag von Eltern, die beide berufstätig sind und immer wieder damit jonglieren, Beruf, Familie und Haushalt gut zu bewältigen. Diese Beispiele zeigen, dass wie bei anderen Familien auch nicht alles perfekt ist, dass immer wieder kommuniziert und nachjustiert werden muss, dass gleichberechtigte Elternschaft jedoch möglich und für Eltern und Kinder sehr positiv und bereichernd sein kann.

In den Interviews, aber auch an anderen Stellen wird offen über Geld gesprochen, über die immer noch unterschiedlichen Gehälter von Müttern und Vätern sowie darüber, dass Einkommen in der Familie natürlich eine Rolle spielen muss, aber auch nicht als einzige Begründung dafür dienen darf, dass der weniger verdienende Elternteil die hauptsächliche Care-Arbeit übernimmt. Hier gibt es gesellschaftlich und politisch bestimmt noch einiges zu verbessern und dennoch zeigen die interviewten Paare, dass unabhängig davon auch jetzt bereits gleichberechtigte Elternschaft machbar und finanzierbar ist.

Ein wunderbares Buch für Paare, Mütter und Väter, die über gleichberechtigte Elternschaft nachdenken und diese leben wollen!

Ebenso empfehlenswert ist der kluge, positive und ehrliche Blog „Little Years“ der beiden Autorinnen: https://www.littleyears.de

Für alle, die lieber hören als lesen, das weiterhin aktuelle Podcast-Interview von Marie mit mir über Umgang nach Trennung: https://www.littleyears.de/blog/kleine-jahre-grosse-fragen-8-wechselmodell-residenzmodell-und-co-was-ist-das-beste-furs-kind-nach-einer-trennung

  • Fifty-fifty-Eltern: Raus aus der „Mama ist für alles da“-Falle. So gelingt euch die gleichberechtigte Elternschaft
  • Humboldt Verlag 2021
  • ISBN-10: ‏3842616414
  • ISBN-13: 978-3842616417
  • Preis: 19, 99 Euro